Hinweis

Wer hat nicht die amerikanische Mafia-Trilogie Der Pate gesehen? Der dritte Teil aus dem Jahr 1990 hat aber nicht nur den Tod vom Michael Corleone zum Thema. Auch ein Skandal um die Vatikanbank und die Verschwörungstheorien um den damaligen Papst Johannes Paul I. werden dramaturgisch eingeflochten. Hinter dieser filmischen Umsetzung steht aber ein echter Wirtschaftskrimi, ein Finanzskandal mit Verstrickungen in den Vatikan, der kurz beleuchtet werden soll.

ScripoPapers #3: Bankhaus Ambrosiano

Das Bankhaus Ambrosiano wurde 1896 in Mailand von Giuseppe Tovini, einem katholischen Rechtsanwalt, gegründet und nach dem Bischof Ambrosius von Mailand benannt. Das Bankhaus war als Gegengewicht zu den nichtkirchlichen Banken gedacht. In den 1960er Jahren expandierte das Bankhaus und eröffnete unter anderem eine Holdinggesellschaft in Luxemburg. Roberto Calvi wurde 1971 Generaldirektor und 1975 Aufsichtsratsvorsitzender der Bank. Unter seiner Regie expandierte diese und gründete Niederlassungen in Südamerika und auf den Bahamas. Hauptaktionär der Bank war zu jener Zeit die Vatikanbank, genauer das Istituto per le Opere di Religione, kurz IOR (ital. für Institut für die religiösen Werke) unter der Leitung von Erzbischof Marcinkus. 1976 kam es zu den ersten Krisen beim Bankhaus Ambrosiano. Die Bank spielte eine wichtige Rolle in der Verschwörung um die Propaganda Due (P2) in Italien. Während der späteren Untersuchung der Unregelmäßigkeiten wurde herausgefunden, dass ihr Präsident Calvi und seine Helfer zahlreiche Briefkastengesellschaften gegründet hatten, um verdächtige Transaktionen verschleiern zu können. Eine Bank auf den Bahamas, die Cisalpina, spielte dabei eine Schlüsselrolle. Diese wurde von Calvi und Marcinkus direkt geleitet. Mit gefälschten Wertpapieren sollten zudem die Finanzierungslücken der Bank verschleiert und behoben werden. Der verzweifelte Versuch, die Bank noch so noch retten zu wollen, misslang jedoch. Calvi und der Marcinkus wurden 1982 wegen Geldwäsche und Unterschlagung und Beteiligung angeklagt. Der untergetauchte Calvi wurde am 18.06. 1982 erhängt unter der Blackfriars Bridge in London aufgefunden. Ob es sich um einen Auftragsmord oder um Selbstmord handelte, konnte nie abschliessend geklärt werden. Die Bank Ambrosiano ging fünf Jahre später (1987) in Konkurs. Der Vatikan bezifferte die Höhe der uneintreibbaren Forderungen mit rund USD 3 Milliarden. Dieser Finanzskandal erschütterte den Vatikan bis ins Mark; man gelobte Besserung und bat die Gläubigen um Nachsicht für die Verfehlungen von Einzelpersonen.

Mehr als vierzig Jahre später scheinen die Bemühungen um finanzielle Transparenz noch nicht abgeschlossen zu sein. Auch im Jahr 2021 erschüttert wiederum ein Finanzskandal den Stadtstaat am Tiber. Betroffen ist dieses Mal direkt das vatikanische Staatssekretariat und somit das wichtigste Dikasterium der römischen Kurie. Im Kern geht es erneut um verlustreiche Investitionen. Den Beschuldigten wird unter anderem Veruntreuung, Korruption, Erpressung, Geldwäsche, Betrug, Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung vorgeworfen. Ein Urteil in dieser Sache wurde bis dato noch nicht gefällt und es gilt die Unschuldsvermutung.

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Scripophilie ist ein Spezialgebiet der Numismatik und ein Sammelgebiet, das sowohl auf die Schönheit einiger historischer Dokumente als auch auf den interessanten historischen Kontext jedes Dokuments zurückzuführen ist. Die ScripoPapers wollen in einer unregelmässigen Serie einige ausgewählte und interessante Wertpapiere und die dahinter liegende Geschichte herausgreifen und beschreiben.

Literaturhinweise
  • Robert, Denis; Backes, Ernest (2002): Das Schweigen des Geldes. Der Clearstream-Skandal. Zürich: Pendo-Verlag.
  • Yallop, David A (2005): Im Namen Gottes? Der mysteriöse Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. Tatsachen und Hintergründe. Hamburg: Rowohlt Verlag.
Bildmaterial

Abgebildet ist ein Aktienzertifikat über 25 Aktien vom Bankhaus Ambrosiano, Zertifikatsnummer 0006320 und datiert mit 15.05.1974.

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