Hinweis

Diesen Herbst 2020 habe ich die Ausbildung zum Mediator abgeschlossen. Grund genug, um kurz eine Zusammenfassung zur Mediation an sich und in Abgrenzung zur anwaltlichen Vertretung zu geben.

Mediation und Anwaltschaft

Unter der Mediation (Vermittlung) versteht man ein strukturiertes und freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes. Ein unabhängiger und allparteilicher Dritter begleitet die Konfliktparteien in ihrem eigenen Lösungsprozess. Die Konfliktparteien (sogenannte Medianten) versuchen dabei, zu einer Vereinbarung zu gelangen, die ihren einzelnen und gemeinsamen Bedürfnissen und Interessen weitgehend entsprechen soll. Vorteil einer Mediation ist somit, dass sich die Medianten vergleichsweise rasch und günstig auf eine auf eine spezifische und personalisierte Lösung einigen können. Langwierige und kostspielige Gerichtsprozesse können verhindert. Die Medianten behalten eigenverantwortlich das Heft in der Hand und tragen stets aktiv zu der ganzheitlichen Lösung bei.

Bei der anwaltlichen Vertretung dagegen übernimmt der Rechtsanwalt die Aufgabe, die Interessen seines Mandanten bestmöglich zu vertreten. Er schlägt Strategien und Lösungen vor und unternimmt das Nötige, um diese im Einvernehmen mit dem Klienten umzusetzen. Dieses Vorgehen kann grosse Widerstände der Gegenpartei hervorrufen. Der Vorteil der anwaltlichen Vertretung besteht darin, dass die schwächere Partei einen professionellen Fürsprecher findet (bösen Zungen sprechen von einem Mietmaul), der für sie die Auseinandersetzung vornimmt. Der Mandant kann davon ausgehen, dass am Schluss des Prozesses oder der Verhandlungen ein Resultat steht, dass der bestehenden Rechtslage entspricht. Eine bekannte Redensart besagt jedoch, dass Recht haben und Recht bekommen zweierlei Sachen sind.

Die Mediation ist im Gegensatz dazu ein aussergerichtliches Verfahren zur Behebung eines Konflikts. Sie ist vertraulich und freiwillig. Die Aufgabe des Mediators besteht darin, den geordneten Ablauf sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die wesentlichen Themen sachgerecht aufgearbeitet werden. Der Mediator als neutrale Drittperson leitet die Gespräche und schafft so den Rahmen für eine faire Lösungsfindung. Die Verantwortung für diese Lösung liegt aber bei den Parteien selber. Es geht nicht um Schuld und Unschuld wie beim Gerichtsprozess, sondern einzig um die Interessen und Beweggründe der beteiligten Parteien. Ziel ist eine schriftliche Vereinbarung, die als Basis für den weiteren gemeinschaftlichen Austausch dienen soll.

Die verschiedenen Phasen können an einem einzigen Treffen oder aber an verschiedenen Tagen durchlaufen werden. Als grober Überblick lassen sich die einzelnen fünf Phasen wie folgt darstellen:

  1. Rahmen für die Zusammenarbeit (Arbeitsbündnis) klären
  2. Entwicklung der regelungsbedürftigen Themen
  3. Konflikterhellung und Konfliktbearbeitung sowie Interessenerklärung
  4. Entwicklung von Lösungen
  5. Abschliessende Vereinbarung

Die Mediation eignet sich somit für kommunikationsgewohnte, verhandlungsbereite und lösungsorientierte Partner, die es gewohnt sind, über ihr Schicksal selbst entscheiden zu können. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können auch für emotionale und konfliktbeladene Themen in der Mediation eine gute Lösung gefunden werden. Die anwaltliche Vertretung dagegen wird bei unterschiedlich starken Partnern und verhärteten Konfliktsituationen empfohlen. Der Konflikt wird sozusagen an die anwaltliche Vertretung delegiert. Will man einen Konflikt eigenverantwortlich und nachhaltig lösen, dann sollte somit stets auch das Verfahren der Mediation vorab geprüft werden. Es lohnt sich!

Quellen

Unveröffentlichte Materialien im Rahmen der Mediationsausbildung an der Konstanzer Schule für Mediation (Webseite)

Literaturhinweise

Fisher, Roger; William, Ury et al. (2018); Das Harvard-Konzept: Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse; DVA-Verlag.

Glasl, Friedrich (2020), Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führung, Beratung und Mediation, Haupt-Verlag.

Watzlawick, Paul (2016), Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien; Hogrefe-Verlag.

Schulz von Thun, Friedemann; Ruppel, Johannes et. al. (2003); Kommunikationspsychologie für Führungskräfte (Miteinander reden Praxis); rororo-Verlag

Ein Mediator übernimmt die Verantwortung für einen strukturierten und konstruktiven Klärungsprozess, der es ihnen ermöglicht, eine gute Lösung für ihren Konflikt zu finden. Das Verfahren der Mediation bleibt nicht auf der Ebene der Positionen stehen, sondern zielt darauf ab, die Interessen und Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Daraus ergeben sich neue und nachhaltige Lösungsperspektiven

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