Hinweis
Dieser Text erscheint in der vereinsinternen Ordenszeitschrift UNITAS 2020 der Schweizerischen Statthalterei des Ordens der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem (Ordenskürzel OESSH) als Editorial und wird hier in abgeänderter Form vorab abgedruckt.
Beten in der heutigen Zeit
Die Ausbreitung des Corona-Virus hat bei vielen von uns den Alltag auf den Kopf gestellt. Manche mussten erkennen, dass das Selbstverständliche so selbstverständlich gar nicht ist. Einige wurden demütig und das vermeintlich Normale erfüllt sie schon mit Dankbarkeit. Zudem machen viele die positive Erfahrung, dass sie trotz Einschränkung der sozialen Kontakte nicht alleine sind. Nicht die Beziehungen an sich, sondern vor allem die Art der Kommunikation als gelebte Beziehung hat sich in diesen Zeiten gewandelt. Denken Sie nicht nur an die zahlreichen Telefon- und Videokonferenzen im geschäftlichen Bereich, auch im familiären Bereich hat die Technik als Unterstützung der Kommunikation Einzug gehalten. Viele Familien haben nun interne Kommunikationskanäle (Bild/Ton) auf dem Mobiltelefon oder dem Computer. Viele gehen generationenüberschreitend immer mehr und ganz selbstverständlich mit den modernen Kommunikationsmitteln um. Auch die Kommunikation mit Gott wurde in der Krise verändert. Was jedoch unverändert bleibt: Wir dürfen uns voller Vertrauen jederzeit an ihn wenden. Das Kommunikationsmittel zu Gott ist ebenso vielfältig wie einfach: Das Gebet ist das Gespräch mit Gott, manchmal auch „nur“ das Verweilen in Gottes Angesicht
Es gibt grob klassifiziert vier Gebetsformen: die Anbetung, die Reue, das Bittgebet und die Danksagung. Ein Gebet kann spontan oder formalisiert sein. Ein Gebet kann ganz persönlich sein oder in der Gemeinschaft gebetet werden. Gemeinschaftlich beten heisst, an den Gottesdiensten, insbesondere der heiligen Messe und den anderen Sakramenten, teilnehmen. Viele finden zudem geistige Kraft und Nahrung im Stundengebet, im Vaterunser oder im Rosenkranz. Kurzum: Das tägliche Gebet ist für unsere Seele ebenso wichtig wie das tägliche Brot für den Leib. Sicher ist das Gebet nicht das einzige Mittel, um spirituell wachsen zu können, aber unbestritten eine sehr wichtige Form der Begegnung mit Gott. Gott trägt mit seiner allumfassenden Gnade zu diesem Wachstum bei. Doch Gott braucht uns als aktiven Gesprächspartner, damit seine Gnade auch in uns wirksam werden kann.
Oft haben wir gerade in Zeiten der Krise das Gefühl, der Kommunikationskanal zu Gott sei eingeschränkt. Nach Max Frisch (1911-1991) ist eine Krise jedoch auch ein produktiver Zustand und nicht nur eine Katastrophe. Wir suchen in jeder Krise nach Antworten und fühlen uns gleichzeitig of in glaubensbezogener (Selbst-)Quarantäne. Hier soll Matthäus 6,6 uns stärken und aus der Katastrophe führen: „Wenn aber du betest, so gehe in dein Kämmerlein und schliess die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten öffentlich“. Und Markus 11,24: „Darum sage ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, dass ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch werden“.
Wir klopfen somit nicht nur digital bei Videokonferenzen an und warten auf eine Antwort, auch mit dem Gebet können wir bei Gott anklopfen und um Hilfe bitten (Lukas 11,9) und es wird uns aufgetan. Noch optimistischer Jeremia 29,12: „Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören“. Lernen Sie, eine Antwort zu erwarten. Gott offenbart sich selbst als eigene Realität in der Form eines lebendigen und aktiven Gottes. Nehmen Sie ihn bei seinem Wort!