Hinweis

Nachfolgend ein Extrakt unter dem Titel „Kundensegmentierung KAG“. Es sei zudem der guten Ordnung halber darauf hingewiesen, dass der nachfolgend überarbeitete und übersetzte Kurzbeitrag einzig die damalige Sach- und Rechtslage im Jahre 2014 darstellen soll. Für einen vertieften Überblick sei zudem auf die Dissertation: „Die vermögende Privatperson als qualifizierter Anleger im Kollektivanlagenrecht“, erschienen im Tectum Verlag 2014, hingewiesen.

Katalog der Einstufungskriterien

Nach Art. 10 Abs. 3bis KAG i. V. m. Art. 6 und 6a Abs. 1 KKV kann sich eine vermögende Privatperson auf zwei Arten als nicht beaufsichtigter qualifizierter Anleger einstufen lassen.
a) Nachweis monetäres und kognitives Kriterium
Die Voraussetzung von Art. 6 Abs. 1 lit. a KKV sieht zwei Kriterien vor: Einerseits muss der Anleger als kognitives Kriterium nachweisen, dass er aufgrund seiner persönlichen Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung oder aufgrund einer vergleichbaren Erfahrung im Finanzsektor über die Kenntnisse verfügt, die notwendig sind, um die Risiken der Anlagen zu verstehen; und zudem muss der Anleger als monetäres Kriterium schriftlich bestätigen, dass er über ein Vermögen von mindestens 500 000 CHF verfügt. Der Bestand der Vermögenswerte muss nach Art. 6 Abs. 5 KKV im Zeitpunkt des Erwerbs gegeben sein.
Gemäss der Definition handelt es sich somit um ein monetäres Kriterium (Vermögen) und ein kognitives Kriterium ersten Grades (persönliche Ausbildung oder berufliche Erfahrung). Ein kognitives Kriterium zweiten Grades kann darunter jedoch m.E. nur dann verstanden werden, sofern man unter dem Erwerb von vergleichbaren Erfahrungen im Finanzsektor auch die Ausübung von Geschäften in erheblichem Umfang im relevanten Markt subsumiert.
Diese Kriterien erinnern prima vista an die Regelung in der MiFID-RL Anhang II. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch ersichtlich, dass Art. 6 Abs. 1 lit. a KKV den europäischen Vorgaben – trotz Beteuerungen in Botschaft und Parlament – nicht genügen. Die MiFID-RL verlangt kumulativ die Einhaltung von kognitiven Kriterien ersten und zweiten Grades sowie als monetäres Kriterium ein Finanzinstrumente-Portfolio des Kunden, welches definitionsgemäss Bardepots und Finanzinstrumente im Umfang von mindestens 500 000 EUR umfasst.
Das kognitive Element in der Regelung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a KKV ist somit unvollständig und das monetäre Kriterium nicht den europarechtlichen Vorgaben entsprechend.
b) Nachweis eines rein monetären Kriteriums
Wenn der Anleger bestätigen kann, dass er im Zeitpunkt des Erwerbs (Art. 6 Abs. 5 KKV) über ein Vermögen von mindestens 5 Mio. CHF verfügt, dann reicht dieses monetäre Kriterium nach Art. 6 Abs. 1 lit. b KKV aus und der Nachweis eines kognitiven Kriteriums entfällt. Inwiefern die Anforderungen an die Bestätigung tiefer anzusetzen sind als diejenigen an den Nachweis ist unklar.
Gemäss der Definition handelt es sich hierbei einzig um ein monetäres Kriterium (Vermögen). Mangels der Notwendigkeit, weder ein kognitives Kriterium ersten noch zweiten Grades nachweisen zu müssen, ist diese Deklarationsmöglichkeit einzig als wertbereinigte Altlast aus Art. 6 Abs. 1 KKV aF zu verstehen, lag doch in der aF die monetäre Einstufungshürde noch bei 2 Mio. CHF.
c) Schriftliche Erklärung
Der schriftlichen Erklärung, um den erforderlichen Nachweis oder die erforderliche Bestätigung abgeben zu können, ist mit Art. 6a KKV ein eigenständiger Verordnungsartikel gewidmet.
Einzig Absatz 1 von Art. 6a KKV bezieht sich jedoch auf Art. 10 Abs. 3bis des Gesetzes. Art. 6a Abs. 2 KKV verweist ausschliesslich auf Art. 10 Abs. 3ter KAG und findet somit keine Anwendung. Die schriftliche Erklärung muss m.E. den schriftlichen Nachweis oder die Bestätigung (Beweislast) der in Art. 6 Abs. 1 KKV vorgeschrieben Anforderungen umfassen.
Es ist weiter unklar, gegenüber welchem Adressaten die vermögende Privatperson die Erklärung mit dem Nachweis oder der Bestätigung abzugeben hat. Auch die konkrete Ausgestaltung der Mindestanforderungen an die persönliche Ausbildung oder berufliche Erfahrung fehlen. Ebenso wäre aus Fragen der Beratungshaftung hilfreich, wenn der Anleger analog Art. 6a Abs. 2 lit. b KKV bestätigten müsste, dass er sich der mit der Anlage einhergehenden Risiken bewusst ist. Zudem ist nicht sachgerecht, dass der Anleger diese Erklärung einzelfallspezifisch gegenüber einem einzigen Finanzintermediär zu erbringen hat. Es ist nicht praktikabel, wenn eine vermögende Privatperson bei jeder nur qualifizierten Anlegern vorbehaltenen Anlage jeweils separat eine (empfangsbedürftige) schriftliche Erklärung abzugeben hat.

Quo vadis, Europarechtskompatibilität?

Eine MiFID-RL-konforme Umsetzung der Anforderungen an die Deklaration der vermögenden Privatperson als nicht beaufsichtigter qualifizierter Anleger würde den Anlegern und auch den Finanzintermediären Gelegenheit geben, auch im grenzüberschreitenden europäischen Wettbewerb um Finanzprodukte oder auch bei der europaweiten Strukturierung des Vertriebs nach einheitlichen Kriterien vorgehen zu können. Weiter empfiehlt es sich, die Erklärung nicht auf Einzelfallbasis, sondern mittels eines vereinheitlichten Formulars QA vornehmen und die so deklarierten qualifizierten Anleger in einem spezifischen Register QA eintragen zu lassen. Analoge Vorschriften nach Art. 6a Ziff. 2 KKV könnten so einerseits integriert werden und anderseits den Anleger verpflichten, Änderungen der relevanten Angaben jeweils von sich aus dem Registerführer mitteilen zu müssen. Der Registereintrag soll nur mit deklaratorischer Wirkung und unter Vergabe einer eindeutigen Identifikationsnummer erfolgen. Sämtliche bewilligten Finanzanbieter, welche die nicht beaufsichtigten qualifizierten Anleger als Zielpublikum erfassen, sollten im Rahmen ihrer Vertriebsaktivitäten zu guter Letzt mittels Abfrage im spezialisierten Register Klarheit über den Status des Anlegers erlangen können und von der einzelfallbasierten Einholung der schriftlichen Erklärung befreit werden.
Der Schritt von der Utopie zur Wirklichkeit nach EHRENBERG ist noch nicht vollbracht. Da sich jedoch am Horizont schon die MiFID-RL II abzeichnet, wird es im Rahmen einer erneuten Teilrevision des KAG oder einer zentralen Regelung im geplanten Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) wiederum Gelegenheit geben, im autonomen Nach-, Mit- oder Vorvollzug eine Europarechtskompatibilität herstellen zu können.

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